Peter Siersleben und die Weinkenner

Sein Herz schlägt für Natur und Wein

Peter Siersleben engagiert sich im Nabu-Kreisverband und beim Volksbildungswerk Klarenthal

In Klarenthal kennt man ihn, denn dort lebt er. Aber durch seine vielfältigen Aktivitäten ist Peter Siersleben auch in der Stadt kein Unbekannter. Verschrieben hat er sich vor allem der Natur und dem Wein.

 

Die Natur vor der Klarenthaler Haustür: Peter Siersleben ist mit mit dem Rad unterwegs Foto: Elke Baade

Ein Interview mit ihm? Peter Siersleben will nicht so recht, er steht nicht gern im Mittelpunkt. Aber dann kommt er doch mit dem Rad zur französischen Weinbar im Westend und erzählt aus seinem Leben. In dem der Wein eine wichtige Rolle spielt. Seit 1. April 1995 ist er Weinfachberater bei „perfetto" im Karstadt-Haus, vorausgegangen waren für den Elly-Heuss-Schüler („ich war dort einer der ersten Jungs") eine Winzerausbildung im Städtischen Weingut am Neroberg, ein Studium zum Dipl. Ing. für Weinbau und Getränketechnologie in Geisenheim, eine Tätigkeit als Kellermeister in Nierstein und diverse Betriebsberatungen in kleinen Weingütern.

 

Spitzwegerich

Früh gewandert


Als er vor fast 25 Jahren nach Klarenthal zog, kannte er dort niemanden, aber die Gegend war ihm aus seinen rund 20 Jahren als Rettungsassistent des ASB vertraut. Das viele Grün hatte den Naturfreund beeindruckt und noch heute schätzt er die Lage:

Gleich hinter der Haustür beginnt der Wald. Und wer mit offenen Augen durch Klarenthal laufe, könne viel entdecken, erklärt der Ur-Wiesbadener:

jede Menge Heilkräuter wie Spitzwegerich und Johanniskraut etwa und ein „beachtliches Vogelleben":

Misteldrosseln, Erlenzeisig, in sehr kalten Wintern sogar ganze Schwärme von bunten Seidenschwänzen. Das alles weiß er so genau, weil er Vorsitzender des Nabu-Kreisverbandes Wiesbaden ist. Vor zehn Jahren hat er das Amt angetreten, weil der frühere Vorsitzende ihn inständig darum gebeten hatte.

Naju-Kindergruppe

 Über 500 Mitglieder hat der Wiesbadener Zweig, "das ist sehr wenig für eine Stadt wie Wiesbaden", gibt der 60-Jährige zu bedenken. Und würde sich freuen, wenn mehr Menschen das Schützenswerte der  Natur erkennen, „auch Leute mit Einfluss, die nicht nur reden, sondern auch handeln". Die Eltern hatten ihn und seine drei Schwestern schon früh mit der Natur vertraut gemacht, viele Wanderungen, Ferien auf dem Bauernhof - das hat ihn geprägt. Und das gibt er heute gern weiter, unter anderem mit Carolin Dreesmann in der Naju-Kindergruppe: Die „Grashüpfer" treffen sich alle 14 Tage, die „Adleraugen" einmal im Monat.

Luchs

Beliebt sind auch seine Exkursionen - und Führungen für Groß und Klein in der Fasanerie. Auf der Wiese zwischen Alt-Klarenthal und der Fasanerie ist übrigens sein Lieblingsplatz, vor allem im Sommer sitzt er gern dort, liest in Ruhe Zeitung, genießt den Blick. Auch ein Luchs soll sich da schon gezeigt haben, die Fotofallen brachten allerdings keine Belege, dafür wurden drei der Kameras gestohlen, ärgert sich Siersleben. Mit einem Wildschwein sei er, auf dem Fahrrad sitzend, einmal fast kollidiert - „sie kommen teilweise bis an die Ränder der Siedlung", hat er beobachtet.
In Klarenthal kennt man den Mann mit dem Rad. Auto? „Brauch ich nicht, die Busverbindungen sind gut", sagt Siersleben.

Gebraucht hat er aber neue Kontakte, als er nach Klarenthal zog. Und hoffte  übers Volksbildungswerk auf leute mit gleichen Interessen. Das hat geklappt: Er landete beim Weinkolleg, gegründet in den 70ern vom Sonderschulrektor Robert Thust. Daraus entstand die Klarenthaler Weinrunde (s.a. Klarenthal bei den besten Weinkennern Deutschlands), die Siersleben seit zehn Jahren leitet - anfangs nicht ganz freiwillig, mittlerweile aber ist ihm der Kreis richtig ans Herz gewachsen. Rund 35 Weinfreunde - nicht alle aus Klarenthal, aber alle mit gutem Basiswissen - treffen sich einmal im Monat im Salon Liesel und lassen sich von Siersleben bei einer Weinprobe schlaumachen über Rebsorten, Anbaugebiete, Weingüter, Geschichte, Geografie und Geologie. Und das immer zu einem festen Thema, etwa Weine aus Südamerika, zur Fußball-WM ging's um Brasilien.

 Die edlen Tropfen führender und guter Betriebe, auch von Ökowinzern, besorgt der Weinexperte über zuverlässige Internet-Importeure, er selbst hat ein Faible für Südafrika, war schon mehrfach dort.

Und er lobt die innovativen Winzer aus Rheinhessen. Besonders am Herzen liegen ihm alte einheimische Rebsorten wie Lagrein aus Tirol oder Elbling von der Obermosel. Und dann sind da die alljährlichen Weinreisen zu Pfingsten. Zehn Tage lang werden renommierte Weinbaubetriebe besucht, früher nur in Deutschland, nun auch in europäischen Weinländem, von Südengland übers Tessin bis nach Sizilien. Je nach Größe des Anbaugebietes bleibt man an einem Ort oder fährt herum, die gesamte Planung übernimmt ein Teilnehmer der Runde, der mit einem Reisebüro alles koordiniert. Vor Ort wird dann zugehört, probiert und diskutiert - und natürlich geplaudert und gelacht, schließlich kennt man sich lange und ist wie eine große Familie. Wenn's an die Heimreise geht, kommt es durchaus vor, dass die Koffer nach oben in den Bus gehievt werden müssen, weil der Laderaum voll ist mit Weinkisten, erzählt Siersleben schmunzelnd. Wieder daheim lässt man die ganze Reise und die neu gewonnenen Weingenüsse noch einmal Revue passieren, mit Bildbeiträgen einzelner Teilnehmer.

Tessin und Sizilien

 

Wie macht Peter Siersleben das nur alles? Mit seiner Vollzeistelle bei perfetto, der Weinrunde, der Nabu-Arbeit inklusive Betreuung regelmäßiger Flohmärkte auf dem Mauritiusplatz - "Abteilungsleiter Buch, Schallpaltte und CD" wird er genannt -, seine Mitarbeit als gläubiger Katholik in der Klarenthaler Gemeinde St. Klara und der "sehr schönen Zusammenarbeit" mit der evangelischen Gemeinde Klarenthal? Er lächelt und sagt in seiner heiter-bedächtigen Art:

"Ja, das Private kommt leider zu kurz. Aber alles, was ich mache, ist wichtiger Bestandteil meines Lebens."