VORORT Ausgabe vom 14. Juni 2014

Grüne Trabantenstadt mit vielen Stärken

Zum 50. Geburtstag der Neubausiedlung in Klarenthal gibt es eine Festschrift / Fest am 19. und 20. Juli

KLARENTHAL

Die Redaktionsmitglieder des Arbeitskreises "Virtuelles Stadtteilmuseum Klarenthal"

Vor 5O Jahren wurde der Grundstein für die Neubausiedlung Klarenthal gelegt. Zu diesem Jubiläum hat ein Arbeitskreis eine eigene Broschüre mit mehrsprachigen Informationen herausgegeben:
„50 Jahre Wiesbaden-Klarenthal - Geschichte, Entwicklungen, Informationen".

 

Von
Anja Baumgart-Pietsch

 

Sie haben sich richtig Mühe gegeben. Das Ergebnis sieht auch äußerst professionell aus: Die Rede ist von der Broschüre

 

„50 Jahre Wiesbaden-Klarenthal - Geschichte, Entwicklungen, Informationen".

 

Ein Arbeitskreis aus Mitgliedern des „virtuellen Stadtteilmuseums", des Volksbildungs- werks und des Dachverbands Klarenthaler Vereinigungen hat über ein Jahr daran ge- arbeitet. Die Broschüre liegt jetzt in Klarenthal und an anderen Orten aus, gedruckt wurden 4 000 Exemplare.

 

50 Jahre Großsiedlung

 

Denn der Stadtteil im Westen Wiesbadens wurde 1964 begründet - zumindest der Teil, den Städteplaner Ernst May konzipierte und der, wie andere Wiesbadener Groß- siedlungen, für neuen Wohnraum für die vielen zugezogenen Wiesbadener sorgen soll- te.

„Klarenthal selbst ist natürlich schon viel älter", sagt Historiker Dr. Rolf Faber, der maß- geblich an den Recherchen beteiligt war. Denn im Falle Alt-Klarenthals, das rund um das ehemalige Klostergelände gelegen ist, habe man bereits 1996 den 700. Geburtstag gefeiert. Doch für die Neubausiedlung wurde 1964 der erste Grundstein gelegt. Seither ist viel geschehen.

Inzwischen wohnen über 10000 Menschen in Klarenthal, davon hat fast die Hälfte einen Migrationshintergrund. Grund genug für den Arbeitskreis, die Kapiteleinleitungen in vier Sprachen abzufassen: Neben Deutsch sind Informationen auf Türkisch, Russisch und Arabisch zu lesen.

„Die Broschüre ganz in vier Sprachen herauszugeben, hätte den Rahmen gesprengt", meint Stefan Knab vom Volksbildungswerk.

Doch zumindest als Geste den vielen Migranten gegenüber habe man darauf Wert gelegt, das Wichtigste auch in den häufigsten anderen Sprachen des Stadtteils mit aufzu- nehmen. Und es sei tatsächlich auch schon Feedback von vielen gekommen, die „erst" seit zehn oder 15 Jahren dort leben, dass es sehr interessant sei, wie die Anfänge dieser „Trabantenstadt" ausgesehen hätten. Für die Broschüre, ebenso wie für das „Virtuelle Stadtteilmuseum" und eine Fotoausstellung „Klarenthal einst und jetzt" hat man sämtliche Archive und Schubladen des Stadtteils durchforstet. Es stecken auch darin viele Stunden Arbeit, sagt Michael Seckmeyer vom Fotokreis "Blende 48", der sich um den fotografischen Teil des Projekts gekümmert hat.

„Die alten Fotos mussten manchmal aufwendig bearbeitet werden". Der Fotokreis ist auch in den vergangenen Monaten auf Tour durch den Stadtteil gegangen und hat Blickwinkel von alten Fotos nachempfunden.

 

Naturnaher Stadtteil

 

„Das war gar nicht so einfach", sagt Seckmeyer, „denn sehr oft verdecken jetzt Bäume die Häuser, die man da- mals als Baustellen sehen konnte." Ein Beleg dafür, wie grün und naturnah der Stadtteil geworden ist, „daher nennen wir uns ja auch gerne „das grüne Tor zu Wiesbaden", sagt Dr. Rolf Faber. Doch die Broschüre soll nicht nur auf Vergangenes zurückblicken, sondern auch zeigen, wo Klarenthals Stärken heute liegen und wie sie sich für die Zukunft nutzen lassen. Es gibt sehr viele Möglichkeiten, sich zu treffen, allen Generationen stehen Räume zur Verfügung. Kirchen, Vereine, Schulen und das Volksbildungswerk als eigener Anbieter und koordinierende Stelle haben manches auf


»Wir wollen einfach die vielen Stärken des Stadtteils zeigen«

STEFAN KNAB

Volksbildungswerk


die Beine gestellt, das gut angenommen wird - oder auch noch ausbaufähig ist. Daher ist in die Broschüre auch das Programm der Jubiläums-Kulturtage mit integriert, das zur Feier des halben Jahrhunderts etwas aufgestockt wurde.

 

Großes Geburtstagsfest

 

Viele „Kulturträger" des Stadtteils präsentieren sich; Hauptattraktion soll aber das große Fest

„Happy Birthday Klarenthal"

am 19. und 20. Juli

werden. Es gibt eine 60er- Jahre-Schlager-Revue mit entsprechendem Büffet. Außer- dem spielen zahlreiche Klarenthaler Musikgruppen und Bands. Einen ganzen Monat über kann man sich auf den Schulhöfen, in den Seniorenbegegnungsstätten und im ganzen Stadtteil umschauen, so zum Beispiel

  • beim Schulfest der Grundschule am 27. Juni, bei dem auch die Fotoausstellung Premiere hat,
  • bei einem historischen Rundgang mit Rolf Faber am 4. Juli,
  • bei Chorkonzerten, Kindertheater, Schülertheater, aber auch Konzerten mit eingeladenen Gästen wie dem
    • Duo Mahe Kühn/Sabine Gramenz (11. Juli) oder
    • Nick Benjamin mit einem Klezmer-Abend (16. Juli).

„Wir wollen einfach die vielen Stärken des Stadtteils zeigen", sagt Stefan Knab. Ein „Ghetto", wie es in anderen Städten in Stadtteilen mit hohem Migrantenanteil ent- standen ist, gibt es in Klarenthal nicht. Und deswegen ist die Broschüre, die übrigens auch eine ausführliche Beschreibung der Namensgeber für die Straßen enthält, die im Dritten Reich Widerstand geleistet haben, eben auch nicht nur als Rückblick, sondern auch als Ausblick gedacht.