Grundschule „Geschwister-Scholl-Schule“

 

Eröffnung 1. Dezember 1966

 

Jahrelange Improvisation durch das rasante Wachstum der Siedlung

 

Mit dem Baubeginn der Siedlung Klarenthal 1965 wurden auch die ersten vier Pavillons der Geschwister-Scholl-Schule errichtet. Sie waren am 1. Dezember 1966, dem Eröffnungstag, bezugsfertig, aber noch vollkommen leer. Während Oberbürgermeister Rudi Schmidt vor einer Gruppe von Bürgern auf dem Schulhof seine Eröffnungsrede hielt, schleppten Möbelpacker Tische und Bänke an ihm vorbei. Anschließend führte Schulleiter Heinz Raab 137 Schüler in die Klassenräume. Sie umfassten die Jahrgänge 1 – 7 und wurden in 4 Klassen aufgeteilt. Vier Lehrerinnen betreuten in ihren Klassen jeweils 2 Jahrgänge und unterrichteten wie Lehrer in kleinen Dorfschulen. Da die Pavillons je 4 Räume zur Verfügung stellten, wurden die nicht durch Klassen belegten Räume für die Verwaltung , für Werk- und Gymnastikräume genutzt. Dieser räumliche Luxus war schon ein dreiviertel Jahr später aufgezehrt. Zwar wurde im August 1967 mit dem Bau eines zweigeschossigen Traktes begonnen, der die vier Pavillons miteinander verband und Räume für die Verwaltung, Fachräume, Bücherei und Aula schuf, die aber erst nach Monaten genutzt werden konnten.



STADTNACHRICHTEN

Freitag, 2. Dezember 1966

Vorbildliche Planung und Initiative der Stadt sorgten für ungewöhnlich schnellen Baufortschritt

rsb - Wer das Bild einer neuen Siedlung erleben wollte, hätte gestern morgen nach Klarenthal gehen müssen. Während Erwachsene und ältere Schüler an der Bushaltestelle standen, trippelten die Schüler des zweiten bis siebenten Schuljahrs mit ihren Eltern zur neuen Schule. Große Möbelwagen standen vor den Pavillons, denn pünktlich um acht Uhr waren auch die Schulmöbel eingetroffen. Während handfeste Männer sich einen Weg durch die Menge bahnten und die Möbel in die Klassen trugen, streuten andere Sand, denn über Nacht hatte sich in der Siedlung Glatteis gebildet. Wasser- und Stromanschluß waren noch am Vortag fertiggestellt'worden, so daß die Besucher drinnen mollige Wärme empfing.
Pünktlich um 8.30 Uhr hatten sich über ISO Schüler in einer Klasse versammelt, denn ein Versammlungsraum existiert natürlich noch nicht in der neuen Schule in Klarenthal. Nun, die freudige Erregung über die neue Schule bei Kindern und Eltern war nicht nur zu sehen, sondern auch zu hören. Denn wenn es an diesem Morgen auch noch etwas turbulent zuging — welch ein Glück, daß die Schule tatsächlich zu Beginn des neuen Schuljahres ihre Pforten öffnen konnte.
„Liebe Kinder, seid doch einmal einen Moment ganz still", sagte Stadtrat Schmitt, zwischen Tür und Angel stehend, so daß Ihn Eltern auf dem Flur und jene in der Klasse hören konnten. „Der 1. Dezember 1966 wird bestimmt in die Geschichte Klarenthals eingehen", sagte der Stadtrat, denn nicht immer gelinge es, für neue Siedlungen auch gleich eine Schule bereitzustellen. Städteplaner Professor Dr. May habe jedoch von Anfang an ein großes Schulzentrum für die neue Siedlung mit eingeplant. Davon seien jetzt fünfzehn Klassen errichtet, von denen drei vorerst bis zur Fertigstellung des Verwaltungs- und Fachklassenbaus als Verwaltungsklassen zur Verfügung stehen würden.

 

Im Oktober 1965 sei erst mit dem Bau der Schule begonnen worden. Wenn jetzt schon die ersten Kinder einziehen könnten, so sei dies nur durch die Fertigbauweise möglich geworden. Gleichzeitig mit den Klarenthaler Pavillons würden auch die sechs neuen Pavillons in der Diltheyschule eröffnet.

Gestern wurden von den zwölf zum Bezug durch die Schüler vollendeten Pavillons vier bezogen. Vorerst aber müssen das dritte und vierte Schuljahr sowie das fünfte bis siebte Schuljahr noch gemeinsam unterrichtet werden. Doch schon im Laufe der nächsten Zeit, beim Bezug neuer Wohneinheiten werden, auch neue Klassenräume zur Verfügung stehen können. Es wird damit gerechnet, daß zum 1. Januar 1967 sechzehn, zum 1. Februar oder März nächsten Jahres 68 und am 1. April 84 neue Wohnungen bezogen werden können.
Die Einrichtung von Klassen für das achte und neunte Schuljahr sei zur Zeit noch nicht möglich, sagte Stadtrat Schmitt, da die Zahl der gemeldeten Schüler noch nicht ausreiche. Die Dreizehn- bis Vierzehnjährigen bleiben deshalb in ihren bisherigen Schulen oder werden auf Antrag der Erziehungsberechtigten in die Blücherschule umgeschult.

 

 Die Gesamtkosten für den ersten Bauabschnitt sind auf 5,7 Millionen Mark veranschlagt und die bisher ausgeführten Baumaßnahmen kosten 1,5 Millionen Mark. Die Schüler sollten ihren Eltern„sehr dankbar sein für diese schönen Schulbauten", sagte Schmitt, denn mit deren Geldern seien sie schließlich errichtet worden. Die Schule habe zwar im Augenblick noch keinen Namen, vorgesehen aber sei die Bezeichnung „Geschwister-Scholl-Schule". Stadtrat Schmitt stellte Oberschulrat Goßmann vor, der kurz bemerkte, daß man sich in Zukunft öfter sehen werde. Es sei seitens des Regierungspräsidenten und des Schulamts alles getan, um einen ordentlichen Unterricht zu gewährleisten.                           

Schulleiter Raab machte Eltern und Kinder mit den neuen Lehrkräften bekannt, die mit den Schülern dann sofort die neuen Klassenräume bezogen. Die Schulanfänger werden erst heute (Freitag), 11.30 Uhr, erwartet.

Blumensträuße und Musik zum Empfang der Schlangenbader Schüler in Klarenthal

Öffentlich-rechtliche Vereinbarung gestern unterzeichnet / „Ein einmaliges Ereignis ..."

rsb. - Ein in der Wiesbadener Schulgeschichte einmaliges  historisches  Ereignis fand gestern in der Klarenthaler Schule statt:

Zwischen der Untertaunus-Gemeinde Schlangenbad und der Landeshauptstadt Wiesbaden wurde in feierlicher Form eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung unterzeichnet. Der Vertrag sieht vor, daß Wiesbaden der Gemeinde Schlangenbad seine schulischen Einrichtungen in Klarenthal für die grund- und hauptschulpflichtigen Kinder zur Verfügung stellt. Schlangenbad zahlt für jedes Schulkind aus seinem Genieindebezirk, das nach dieser Vereinbarung, seine Schulpflicht in Wiesbaden erfüllt, einen Pauschalbetrag.

Als der gelbe Postbus gestern in Sonderfahrt die Schule erreichte, wurde jedes neue Schulkind von den Klarenthaler Schülern mit einem Blumenstrauß begrüßt, ebenso die Delegationsmitglieder. Aber auch Rektor Raab ging nicht leer aus. Auch er erhielt Blumen von den jüngsten Schlangenbader Schülern Michael und Beate.
Stadtrat Schmitt entbot allen Klarenthalern ein herzliches Willkommen und wies auf die Einmaligkeit des Augenblicks hin. Heute könne die Ausbildung der Jugend in einklassigen Schulen nicht mehr gewährleistet werden. Aus dieser Erkenntnis habe sich auch die Schlangenbader Gemeinde entschlossen, ihre Kinder in die wachsende Klarenthaler Schule m schicken, nachdem sie unter Führung von Oberschulrat Walter Goßmami alle Wiesbadener Schulen besucht and besichtigt habe.
„Auch die Klarenthaler Kinder besuchen diese Schule ja erst seit kurzer Zeit, deshalb wird Euch das Einleben schon leichtfallen." Über alle Verwaltungsgrenzen hinweg sei hier zum Wohle der Kinder ein einmaliger Schritt getan worden.
Bürgermeister Grein bedankte sich „für den überwältigenden Empfang" und übergab die Schlangenbader Kinder der Stadt Wiesbaden „zu treuen Händen". Seine Gemeinde sei wohl die einzige im Bundesgebiet gewesen, die zwei einklassige Volksschulen zu betreuen gehabt habe. „Die Tatsache hat der Gemeinde große Sorgen bereitet, die nun gelöst sind."
Anschließend sangen die Klarenthaler Kinder, von Lehrer Güttier begleitet, ein Willkommenslied und tanzten einen mit Lehrerin Reuß eingeübten Volkstanz. Lehrer Wolfgang Siebel hat seine Kinder aus Schlangenbad in die neue Schule begleitet, während Lehrer Rudolf Buchberger (Georgenborn) an der Realschule Bad Schwalbach unterrichten wird.
Die Schlangenbader Kinder werden auf Staatskosten jeden Tag mit zwei Postomnibussen nach Klarenthal gebracht, die als Sonderbusse laufen, und um 12.30 Uhr wieder abgeholt. Die größeren Kinder benutzen um 13 Uhr einen Linienbus, der an der Schule hält. Die Schülerzahl in der Klarenthaler Schule beträgt jetzt etwa 350. Zehn der insgesamt zwölf Klassenräume sind bereits bezogen.

 

Quelle: WK vom 1.9.67

Förderung aller Kinder

Oberstes Ziel der Bildungsplanung

RICHTFEST wurde für die neue Gesamtschule in Klarenthal gefeiert. Das Projekt ist das finanziell größte Hochbauvorhaben der Stadt Wiesbaden nach dem Kriege

Richtfest der Gesamtschule Klarenthal gefeiert


W.-KLARENTHAL Für eines der bedeutendsten Wiesbadener Schulprojekte, das gleichzeitig das finanziell größte Hochbauvorhaben der Landeshauptstadt nach dem Kriege ist, wurde in Anwesenheit zahlreicher Ehrengäste, Bürger und Bauarbeiter Richtfest gefeiert. Die Gesamtschule Klarenthal kostet über 18 Millionen DM. Sie entstand nach den neuesten Überlegungen moderner Gesamt- und Großraum-schulplanung und wird im nächsten Jahr bis zu 2900 Schülern Platz bieten. Das Raumprogramm sieht 51 Räume verschiedener Größe, ein Sprachlabor, 14 naturwissenschaftliche Übungs- und Demonstrationsräume, ein Fotolabor, 15 Räume für den Fachbereich Technik, ein Informationszentrum and 17 Verwaltungsräume vor.
Baudezernent Stadtrat Werner Sauer sagte dazu in seiner Begrüßungsansprache, daß die Großraumwände flexibel angeordnet und jeweils nach besonderen pädagogischen Anforderungen variiert werden können. Sauer hob die „märchenhaft" kurze Zeit hervor, die von der Planung bis zur Errichtung vergangen sei und richtete seinen Dank an alle Beteiligten, von den Ingenieuren bis zu den Bauarbeitern.
Oberbürgermeister Rudi Schmitt erinnerte an die Zeit vor zehn Jahren, als auf Ackerland mit dem Bau der Großsiedlung Klarenthal begonnen wurde. Jetzt sei man hier dabei, das neue Wiesbaden aufzubauen. Schönes Wohnen und Bildung der Jugend zu ermöglichen, zähle zu den Hauptaufgaben der Stadt. Auch er stattete Dank ab und wünschte „Glück auf!" für die weitere Arbeit.
Stadtverordnetenvorsteher Robert Krekel sagte, für den Normalbürger sei es zunächst schwierig zu verstehen, warum hier 18 Millionen ausgegeben wurden. Oberstes Ziel der Bildungsplanung in einein demokratischen Staat müsse jedoch die Förderung aller Kinder sein. Die Gesamtschule rücke der Verwirklichung der Chancengleichheit näher. Was zunächst nur individuellen Ansprüchen zu genügen scheine, komme später der Gesamtgesellschaft zugute. Die Investitionen seien nötig, damit alle erforderlichen Bildungsreserven ausgeschöpft werden könnten. Für die Männer vom Bau würdigte der Polier in seinem Richtspruch die getane Arbeit.

kli

 

Quelle: Wiesbadener Kurier, 1971