Historiker aus Leidenschaft
PORTRÄT Rolf Faber ist Vorsitzender des Nassauischen Vereins für Altertumskunde und Geschichtsforschung
• Rolf Faber, Jahrgang 1946, aufgewachsen in Biebrich, besuchte das Mainzer Willigis-Gymnasium und studierte in Mainz Geschichte und Jura. Danach war er 14 Jahre lang Richter am Wiesbadener Amts- und Landgericht. Seit 1972 ist Faber Mitglied des Nassauischen Vereins für Altertumskunde und Geschichtsforschung, seit 2009 sein Vorsitzender. 1990 ging er als Aufbauhelfer ins Justizministerium nach Erfurt.
WIESBADEN. Geschichte, und ganz speziell die der Region, hat den Biebricher Rolf Faber schon während seiner Gymnasialzeit auf dem bischöflichen Willigis-Gymnasium in Mainz fasziniert. Erst einmal vom Virus des Forscherdrangs infiziert, hielt das Fieber auch während seines Jurastudiums in Mainz an, es ließ ihn nicht mehr los. Zeitweise hatte er vorübergehend sogar das Fach gewechselt, bis er schließlich doch mit der Promotion in der Jurisprudenz abschloss. Faber ist Jurist aus Profession, aus Passion aber Historiker.
Schwerpunkt Biebrich
Seither gibt es an historischen Stoffen zwischen dem Biebricher Schloss und der Russischen Kirche auf dem Neroberg nichts, mit dem sich der Historiker nicht schon beschäftigt hätte. Die
wichtigsten Publikationen über Biebrich stammen von ihm oder tragen seine Handschrift.
1972 trat er in den Verein ein. Da hatte er gerade entdeckt, dass Biebrich 1974 1100 Jahre alt wird. Und gab im Auftrag des Verschönerungs- und Verkehrsvereins eine Festschrift heraus. Aufgrund
vieler weiterer Leistungen war es nur folgerichtig, dass Rolf Faber im vergangenen Jahr die Nachfolge von Wilhelm Schüler als Vorsitzender des Vereins für Nassauische Altertumskunde und
Geschichtsforschung antrat.
Vielfach vernetzt
Rolf Faber ist nicht nur emsiger Forscher, der die Archive der Region kennt wie seine Hosentasche, die Nassauer Historie in allen ihren Verästelungen. Faber ist zugleich ein unermüdlicher Werber und
ein Aushängeschild für die Geschichte der Region. Wichtig dabei ist ihm die Venetzung mit allen anderen, die sich damit belassen, sei es das Frauenmuseum oder das Stadtarchiv, das Projektbüro oder
die Stiftung Paulinenstift. Zum Luxemburger Freundeskreis Rhein-Main pflegt er genauso gute Kontakte wie zum Hauptstaatsarchiv oder zur Biebricher Vereinswelt.
Rolf Faber fühlt sich als Biebricher Bub', aber genauso als Wiesbadener. Biebrichs Eingemeindung 1926 sieht er positiv: „Die Stadt war bankrott." Sie war es aufgrund der Schwierigkeiten, unter denen
seine Industrie durch die französische Besatzung litt.
Jüdische Juristen als Thema
Seit Kurzem hat der 63-Jährige die „passive" Phase der Altersteilzeit angetreten. Das bedeutet: Jetzt kann er noch aktiver sich in seine historischen Themen vertiefen. Mit dem Schicksal der
rund 60 jüdischen Wiesbadener Juristen in der Nazizeit zum Beispiel.
- Auch Thüringen will Rolf Faber noch eine ganze Weile verbunden bleiben: "Zweimal im Jahr organisiert er dort seit Längerem Fortbildungstagungen für junge Richter und Staatsanwälte. Das soll
auch noch ein paar Jahre so bleiben. Die Themen: Justiz im NS- und im SED-Staat.
Ältester Verein
Knapp tausend Mitglieder zählt der Verein. Über sieben Zweigvereine sind sie über das ganze Nassauer Land verteilt, also auch im heutigen Rheinland-Pfalz wie die Vereine in Dietz oder Bad Ems. Es
dürfte auch der älteste Wiesbadener Verein sein, dem Rolf Faber vorsitzt. 2012 wird er 200 Jahre alt.
Exkursionen, Vortragsreihen und die Herausgabe der Nassauischen Annalen zählen zu den Hauptaufgaben des Vereins, auch ortsgeschichtliche Tagungen, dazu die Förderung der Sammlung Nassauischer
Altertümer (SNA), die zurzeit in den Magazinen schlummern und auf die Eröffnung des Wiesbadener Stadtmuseums warten. Die Vortragsreihen finden traditionell im Hauptstaatsarchiv statt, mit dem der
Verein eng zusammenarbeitet Sind es Vorträge über die Römerzeit, kommen manchmal bis zu 300 Leute auf den Mosbacher Berg. Für Rolf Faber eines der vielen Indizien, dass das Interesse der
Wiesbadener an ihrer Geschichte durchaus vorhanden ist. Umso mehr bedauert er die Hängepartie mit dem Stadtmuseum, deren Ende keiner voraussehen kann. Überhaupt, sagt Faber, komme die
Römerzeit viel zu kurz in Wiesbaden. Schon jetzt weist er auf den Wiesbadener „Römertag" mit der „Römermeile" hin, der am 10. Oktober auf dem Mauritiusplatz stattfindet.
Richter am Amts- und Landgericht Wiesbaden war Rolf Faber, bis es ihn nach dem Zusammenbruch der DDR als Aufbauhelfer nach Erfurt zog. „Ich habe mich sofort gemeldet", sagt der Oberstleutnant der
Reserve. 19 Jahre lang hat er dort im Rang eines Leitenden Ministerialrats gewirkt, nach dem Aufbau einer rechtsstaatlichen Justiz an der Gesetzgebung des Landes Thüringen im Bund mitgestrickt,
umgekehrt Bundesgesetze in Landesgesetze gegossen, zum Beispiel bei der Neufassung einer zivilen Insolvenzordnung.
Arbeitsfeld Thüringen
Rolf Fabers Abwesenheit während der Woche dürfte in Biebrich gar nicht so vielen aufgefallen sein. Denn unermüdlich hielt er historische Vorträge, trat als Festredner bei allen möglichen
Jubiläen auf, von der Gibber Kerbegesellschaft bis zum Männerquartett. Faber publizierte unentwegt, kaum eine Biebricher Kirchen- oder Vereinsfestschrift, an er nicht mitgewirkt hat. An
Wochenenden war er in Biebrich präsent „Ich habe ja sonst kein Hobby", antwortet er bescheiden, wenn man ihn fragt, wie er das alles macht.
Das Geschichts-Virus hat er natürlich auch mit nach Erfurt genommen, wo wochentags wohnte. Ranghohe Staatsgäste des Justizministeriums, wie den Justizminister aus Russland, hat Rolf Faber durch
Erfurt und Weimar geführt. Schließlich stammt von ihm auch die Idee einer „Straße des Rechts" durch Thüringen, von der Wartburg über Gotha, Weimar, Jena und Gera bis Altenburg.
Dazu organisierte Faber eine Ausstellung, die Texte des Katalogs stammen aus seiner Feder. Mit der Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen hatte er viel zu tun, auch im Erfurter Hauptstaatsarchiv.
Ein Hinweis in eigener Sache
Herr Dr. Faber ist aktives Mitglied im AK Stadteilarchiv WI-Klarenthal. Ein Großteil der Abhandlungen über die Geschichte Klarenthals stammen aus seiner Feder und sind in unserem virtuellen Museum hinterlegt. Wissenschaftlich fundiert und informativ bilden seine Beiträge ein wertvolles historisches Basiswissen über unseren Stadtteil.