Als Folge des Zweiten Weltkrieges war Wiesbaden die Stadt mit dem dritthöchsten Wohnungsdefizit in der neugegründeten Bundesrepublik. Die Zerstörungen und Beschädigungen waren in Wiesbaden zwar
geringer als in anderen Städten, doch gerade deshalb fühlten sich viele von Wiesbaden angezogen, wodurch die Bevölkerungszahl in erheblichem Maße zunahm. Ziel der kommunalen Wohnungspolitik musste es
deshalb sein, in möglichst kurzer Zeit angemessenen Wohnraum für alle Wohnungssuchenden zu schaffen. In den fünfziger Jahren wurde ein Generalplan für Wiesbaden aufgestellt, in dem die Gebiete
ausgewiesen wurden, die für die Errichtung von neuen Wohnsiedlungen geeignet waren.
In unserem Film des Stadtteilfernsehens Klarenthal (2011) erinnern sich erste Mieterinnen an diese Jahre.
Am 11. November 1960 bekam Prof. Ernst May den Auftrag, den Bebauungsplan zu erstellen für eine Siedlung mit ca. 4.000 Wohneinheiten, in der zukünftig rund 14.000 Einwohner
leben sollten (70 Wohneinheiten pro Hektar). Die Planung sollte sich von November 1960 bis März 1962 hinziehen.
Prof. Ernst May war in den zwanziger Jahren Baudezernent der Stadt Frankfurt am Main gewesen und hatte dort in den Jahren zwischen 1925 und 1930 zigtausend neue Wohnungen geschaffen, um der damals
bestehenden Wohnungsnot abzuhelfen. May war als Architekt Anhänger des ,,Neuen Bauens".
Nach diesen Vorarbeiten konnte endlich mit dem Bauen begonnen werden. Am 11. September 1964 fand in Anwesenheit des hessischen Innenministers Heinrich Schneider sowie des Planers
Prof. May durch Oberbürgermeister Georg Buch der erste Spatenstich statt. Und dann rollten die Baufahrzeuge an. Zunächst wurden Baustraßen angelegt, Versorgungsleitungen verlegt, Anschlüsse
vorgenommen. Entlang der heutigen Otto-Wels-Straße war der l. Abschnitt der Siedlung mit 520 Wohnungen vorgesehen. Um die sonst erforderliche Bauzeit zu verkürzen, wurden die Häuser erstmals in
Fertigbauweise errichtet, so dass die Bauzeit einer Wohneinheit in der Tat von 18 Monaten auf 4 verringert werden konnte.
Prof. May musste bei seiner Planung verschiedene Vorgaben berücksichtigen. Da waren zunächst einmal die Grenzen des Planungsgebietes: im Westen die Bahnlinie Wiesbaden-Bad
Schwalbach, im Osten die Klarenthaler Straße, im Süden die Flachstraße und im Norden die Lahnstraße. Zu beachten waren auch die topographischen Verhältnisse: das Gelände für die neue Siedlung bestand
aus einem von Westen nach Osten abfallenden Hang, der von Nordwest nach Südost von einer Talmulde durchschnitten wird.