Klarenthal 09.01.2014
Im einstigen Kreuzgang errichtet
Eine kleine Kapelle erinnert an das im Mittelalter blühende Klarissenkloster Clarendal
Der Rambacher Heimatforscher Gustav Reusing hat eine Leidenschaft für Kirchen. Deshalb hat er über Jahre sorgfältig recherchiert und schließlich einen sehenswerten Film über 50 Wiesbadener Gotteshäuser gedreht. In der Serie "Die Kirche im Dorf" fasst er exklusiv die Highlights der Vorort-Kirchen aus seinem Film zusammen. In dieser Folge geht es um die evangelische Kapelle in Alt-Klarenthal.
Ein Beitrag von Beate Rasch
Klarenthal
Die Kapelle in Alt-Klarenthal aus dem Jahr 1730 erinnert an das ehemalige Frauenkloster Klarenthal, das im Mittelalter von besonderer Bedeutung war“, beginnt Reusing seinen Bericht über das kleine Gotteshaus, das sich – nur einen Steinwurf vom Landhaus Diedert entfernt – eher unauffällig an ein Wohnhaus schmiegt. Die Kapelle ist zwar nicht identisch mit der alten Klosterkirche, wurde aber in einem Teil des einstigen Klosterkreuzgangs errichtet, dessen Reste (zwei Spitzbögen) noch heute an der Außenwand erkennbar sind.
Die Grundsteinlegung für das frühere Klarissenkloster erfolgte 1296, der Stiftungsbrief wurde aber erst zwei Jahre später in Speyer ausgestellt. Diese Urkunde trägt das Datum 6. Januar 1298 und
ist mit dem Majestätssiegel des Königs versehen.
„Gründer des Klosters war in der Tat Adolf von Nassau, der einzige Nassauer auf dem Thron des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nationen“, erzählt Reusing. Das Kloster „Clarendal“, wie es
damals hieß, sollte ihm und seiner Familie sowie den Mitgliedern aus dem Hause Nassau als Grabstätte dienen.
Außerdem änderte der König den Klosternamen in „Clarenthal“ und verfügte (wie man auch in Walter Czysz‘ Buch „Klarenthal bei Wiesbaden. Ein Frauenkloster im Mittelalter“ nachlesen kann), dass
„in diesem Kloster als einem festen Fundament die uns sehr liebe Adelheid, unsere Tochter, und Richardis, unsere leibliche Schwester, als Schwestern des Ordens der hl. Clara, gleichsam als zwei
hervorragende, kostbare, lebendige und treue Ecksteine zusammen mit anderen Schwestern ihres Ordens dort leben, um dem Herrn zu dienen.“
In der Klosterkirche fand schließlich nur Adolfs Gemahlin, die 1318 verstorbene Königin Imagina, ihre letzte Ruhestätte. Unter den insgesamt 25 Äbtissinnen, die das Kloster bis zu seiner Aufhebung im Jahr 1559 zählte, ist vor allem Anna Brendel von Homburg zu nennen. Wie Czysz berichtet, besaßen ihr Großvater und ihr Vater das Hofgut Gräbeneck an der Lahn als Lehen der Grafen von Nassau-Weilburg. Da diese zusammen mit den stammverwandten Vettern von Nassau-Idstein weltliche Schutzherren des Klosters waren, folgte die Familie Brendel von Homburg der Tradition, die Töchter nach Klarenthal ins Kloster zu schicken. Hier wurde Anna 1525 zur letzten Äbtissin des Konvents gewählt.
Ihr Wirken war jedoch von äußerst schwierigen Bedingungen geprägt:
Mit dem Zunehmen der Reformationsbewegung bei dem niedrigen Landadel und dem Volk sei das Verhandlungsklima bei der Wahrnehmung von Rechten des Klosters immer schlechter geworden, so Czysz. Der
Bauernaufstand von 1525 hatte der Bevölkerung außerdem stark zugesetzt. Zur allgemeinen Verunsicherung trug auch die Tatsache bei, dass Landgraf Philipp von Hessen seit 1525/27 damit begonnen hatte,
die in seinem Land gelegenen Klöster aufzuheben.
Am 25. Oktober 1553 starb Anna Brendel von Homburg an den Folgen der Pest und wurde im Kreuzgang des Klosters beigesetzt. Zu jener Zeit war nur noch ein halbes Dutzend Ordensschwestern übrig – wohl die eigentliche Ursache, an der das Kloster letztlich zugrunde ging, wie Czysz vermutet. Es kam dem Landesherren, Graf Philipp dem Älteren, aber sicher nicht ungelegen, endlich einen Anlass zu haben, um das 260 Jahre dauernde Klosterleben zum Erliegen zu bringen.
Die Internetseite der evangelischen Kirchengemeinde Klarenthal informiert über das weitere Schicksal des Komplexes. Die Klosterkirche zerfiel in der Folgezeit immer mehr und brannte 1723 so weit aus, dass nur noch eine Ruine übrig blieb, deren Mauerreste man zügig beseitigte. Im 18. Jahrhundert seien die Steine, so Czysz, beim Bau der an Klarenthal vorbei führenden Lahnstraße verwendet worden. Um einen neuen Ort für den Gottesdienst zu schaffen, wurde 1730 die kleine Kapelle errichtet – die Bauarbeiten führte der fürstliche Baumeister Bager durch – die sich heute nur durch ihr Glockentürmchen von den umliegenden Wohnhäusern abhebt.
Grabstein entdeckt
An ihrer Außenwand seitlich vom Eingang ist der Grabstein von Anna Brendel von Homburg angebracht. Nachdem dieser lange als verschollen gegolten hatte, wurde er nach dem Zweiten Weltkrieg bei Ausschachtungsarbeiten auf dem ehemaligen Klostergelände wieder gefunden. Er ist somit eines der wenigen Zeugnisse, die das Kloster überdauert haben, und zeigt die Äbtissin als stattliche Frau mit zum Gebet gefalteten Händen.
Auch das Innere der hübschen Kapelle, die für Trauungen sehr beliebt ist, sei wirklich sehenswert, betont Reusing zum Abschluss. Die Altarwand wird vom Grabstein der Elisabeth Herold aus Oppenheim mit ihren beiden Töchtern (14. Jahrhundert) geschmückt. Der alte Taufstein mit dem verzierten hölzernen Deckel neben dem Altar stammt wohl noch aus der Klosterzeit, wie auf der Internetseite der evangelischen Kirchengemeinde zu lesen ist. Die 1780 erworbene alte Orgel wurde mittlerweile wieder instand gesetzt und mit einer stilgerechten Holzverkleidung versehen. Beeindruckend ist auch das Portal, das man beim Heraustreten erblickt und das die Wappen des Grafen von Nassau – Weilburg – Saarbrücken trägt.
Kapelle Alt-Klarenthal Am Kloster Klarenthal 65197 Wiesbaden